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Das Young Autism Projekt

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In den 1960er Jahren gaben mehrere Entwicklungen innerhalb der pädagogischen Psychologie, die auf neuen Erkenntnissen der Lerntheorien beruhten, Grund zu Optimismus hinsichtlich der Behandlung von Autismus. Einer der Forscher war der norwegisch-amerikanische Wissenschaftler Ole Ivar Lovaas an der University of California Los Angeles (UCLA). 1973 veröffentlichte er Ergebnisse, die zeigten, dass Kinder mit Autismus ihre Fähigkeiten in Sprache und Unabhängigkeit verbessern und gleichzeitig Wut und Frustrationen deutlich verringern konnten. Während der 1970er und 1980er Jahre wurden mehrere experimentelle Studien von verschiedenen Forschergruppen veröffentlicht, die sich oft auf die sorgfältige Analyse einzelner Verhaltensweisen konzentrierten. So wurden das frühe Sprachverständnis, die vokale Imitation, die Benennung von Objekten und Handlungen, die Imitation von Bewegungen sowie die Fähigkeit zwischen Farben, Formen, Größen, Pronomen, Präpositionen, Synonymen und Antonymen zu unterscheiden untersucht.

Unter Einbeziehung dieser Studien entwickelte Professor Lovaas ein ganzheitliches Programm, eine Form der früh-intensiven Verhaltensintervention (Early Intensive Behavioural Intervention – EIBI). Er führte eine Langzeitstudie durch, die 1987 veröffentlicht wurde. Die Kennzeichen dieser Studie waren:

  1. Die Kinder erhielten jede Woche mindestens 40 Stunden Einzelbehandlung.

  2. Die Behandlung begann, bevor die Kinder 4 Jahre alt waren.

  3. Alle wichtigen Erwachsenen im Leben des Kindes wurden angeleitet, wie sie mit dem Kind arbeiten können.

  4. Das Training wurde in alle – für das Kind natürlichen Umgebungen – übertragen.

  5. In der Behandlung wurden alle Verhaltensweisen des Kindes einbezogen.

  6. Die Behandlung bestand aus Trainingsmethoden, die auf der modernen Lerntheorie beruhten.

Die Ergebnisse dieser Studie bewirkten ein hohes Maß an Optimismus. 47 % der Kinder, denen EIBI angeboten wurde, hatten bei Schulbeginn ein normales intellektuelles Funktionsniveau erreicht. Diese Kinder waren in der Lage, mit nur geringer Hilfestellung am normalen Unterricht in einer Klasse teilzunehmen.

Bei 10 % der Kinder in dieser experimentellen Gruppe gab es allerdings keine Verbesserung, weder mit EIBI, noch mit irgendwelchen anderen zur Verfügung gestellten Behandlungen.

In einer Kontrollgruppe erhielten die Kinder nur 10 Stunden intensive Behandlung pro Woche. Es ist wichtig hervorzuheben, dass keines dieser Kinder normale intellektuelle Fähigkeiten im Laufe der Studie erreichte. Außerdem zeigten 60 % der Kinder in dieser Kontrollgruppe nur minimale Verbesserungen in ihrem Verhalten. Dieses Ergebnis wurde durch eine Vielzahl von anderen Forschern reproduziert; eine Behandlung mit geringer Intensität kann daher nicht für Kinder mit Autismus empfohlen werden.

Die Behandlung, die Professor Lovaas durchführte, war so umfassend, schwierig und zeitaufwändig, dass auch Professor Lovaas selbst bezweifelte, dass sie von anderen reproduziert werden konnte. Im Jahr 1987 schrieb er in seinem Artikel “… es ist unwahrscheinlich, dass ein Therapeut oder Forscher unser experimentelles Behandlungsprogramm wiederholen kann ohne vorherige umfangreiche theoretische und praktische Erfahrungen in Einzel-Verhaltenstherapie mit geistig behinderten Klienten, wie hier beschrieben, und ohne nachgewiesene Fähigkeiten im Unterrichten von komplexen Verhaltensrepertoires, in nachahmenden Verhalten und abstrakter Sprache, replizieren kann”.

Obwohl die Veröffentlichung eine große Debatte auslöste, bestand Einigkeit darin, dass die Studie reproduziert werden musste. Aus diesem Grund wurden mit der Hilfe von Professor Lovaas mehrere Replikationstudien in den USA und Europa begonnen.